Das Sterben der Communities
Ich habe mir eine ganze Weile überlegt, wie ich diesen Artikel nennen sollte und habe ich mich gegen “Der Aufstieg des Klassenclowns” und “Idiocracy gets real” und “Letargie für die Massen” entschieden.
Wer den Film “Idiocracy” kennt, der bekommt so eine Ahnung, auf was ich anspiele. Für alle anderen, die den Film nicht kennen. Es ist ein Film mit zwei Ebenen. Die eine Ebene ist einfach nur eine Ulk Geschichte und die zweite Ebene ist eine extrem krasse Kritik an der Gesellschaft und deren Verdummung.
Ich würde jetzt nicht behaupten, dass die Gesellschaft so dermaßen verdummt, aber es passiert seit langer Zeit etwas, das in einem anderen Kontext als “das Wir wird zum Ich” beschrieben wird und das einen massiven Einfluss auf das Wissen und die Community Kultur hat.
Zuerst haben uns Social Networks beigebracht, wie man sich möglichst “unsocial” verhält. Jeder will der Beste sein, die Schönste, die Person mit dem geilsten Lifestyle, niemand hat Probleme und du bekommst das schönste und das beste Essen von allen. Jeden Tag. Und das erste Gebot ist: Aufreger. Je mehr, desto besser. Der Fokus und der Druck auf “Individualisierung” ist so riesig geworden, dass so viele Menschen einen großen Teil ihres Daseins darauf ausrichten, anders als Andere zu sein.
Das führt dazu, dass eine Hierarchie quer durch alle Menschen gezogen wird. Jeder fühlt sich ein wenig besser, als der Andere. Man spricht weniger offen miteinander, weil man sowieso mehr weiss. Und wenn man nicht mehr weiß, dann will man das kaschieren, damit andere nicht merken, dass man dann doch nicht den Yoda Level erreicht hat.
Das ist das zentrale Problem. Viele Menschen hören auf offen miteinander zu reden. Zurecht. Denn Hyänen sind überall, die dir ein Bein stellen, sobald sie es können. Oft genug nicht einmal, weil sie bösartige wären, sondern einfach weil es geht. Frei nach dem Motto “Lieber einen Freund verlieren als einen guten Witz. (Horaz)". Und natürlich gibt es auch die Bösartigen. Die gab es aber auch schon vorher.
Was passiert, wenn wir nicht mehr offen miteinander reden? Wissen wird nicht mehr transferiert. Inspiration passiert immer seltener. Und das ist schlimm. Denn die großen Dinge auf dieser Welt sind durch Kommunikation und Verbreitung entstanden. Viele Erfindungen, jede Menge technischer Fortschritt basiert auf Arbeiten und Gedanken anderer Menschen. Es gibt einen Spruch “Man muss das Rad nicht noch einmal erfinden". Aber genau dahin entwickeln wir uns, wenn wir dieser geistige Fehlhaltung nichts entgegen bringen.
Woher kommt das und wem bringt das was? Darüber kann man viel spekulieren. Ein Gedanke, den ich recht interessant finde ist, dass der Mensch immer nach Macht strebt. Mal ganz ohne Bewertung. Und wenn der Mensch nach Macht strebt, dann braucht er etwas, worüber er Macht hat. Klassisches Szenario: König und Untertanen. Also wenn ich als König eine Masse schaffe, die darauf wartet, dass der König sich äußert, eine Richtung vorgibt, oder eine Ächtung ausspricht und dann folgsam tut, was gesagt wird, habe ich Macht.
So eine Masse schafft man, indem man sie entzweit. Das klingt jetzt ein wenig paradox, daher will ich das kurz erläutern. Wenn eine Masse ein gemeinsames Verständnis ihrer Kultur, Werte und ihrer Gemeinschaft hat, ist es nahezu unmöglich, dass irgend so ein Blender daher kommt und die Marschrichtung vorgibt. Der eine oder die andere wird darauf hereinfallen, aber die Gemeinschaft nicht. Weil sie zusammenhält und sich gegenseitig an ihre Werte erinnert. Schafft es der Blender aber, vielen Einzelnen einzureden, sie wären besser als die anderen, auch besser als Jene, denen er genau das selbe einredet, distanzieren sie sich voneinander, machen vielleicht nicht genau das, was der Blender möchte, aber er hat es geschafft, das Band des “Wir passen gegenseitig aufeinander auf” zu durchschneiden. Jeder kämpft für sich und irgendwann rufen sie alle nach der “starken Hand". DAS könnte dann dieser oder ein anderer Blender sein.
Diese starke Hand, das zeigt uns die Geschichte immer und immer wieder, wird in den allermeisten Gelegenheiten etwas Schlechtes hervorbringen. Wir sollten daraus lernen.
Daher würde ich mir wünschen, dass die Menschen sich von diesem unsäglichen Egotripp abwenden und wieder anfangen wie eine Gemeinschaft zu denken. Das schaffen sogar die Ameisen besser als manche Menschen.
In einer Gemeinschaft zu denken heißt konstruktiv mitzuwirken. Ich weiß, ich wiederhole mich, aber es ist ungeheuer wichtig: Ironie, Zynismus und Sarkasmus gehören zur destruktiven Kommunikation. Wenn ihr also aufrichtig etwas FÜR die Gemeinschaft tun wollt, dann vermeidet diese Art der Kommunikation, wie der Teufel das Weihwasser. Nur weil es geht, heißt es nicht, dass es gut ist.
Ich hoffe, dass die Communities von ihren kleinen Inseln auf breiter Front zurück in das reale Leben der Menschen zurück kehren. Kümmert euch um eure Freunde. Die Anstrengung ist es wert.
