Dolby Atmos richtig gemacht

Beim Thema Dolby Atmos scheiden sich ja die Geister der Musikproduktion. Die einen bejubeln den neuen Trend der alten Kinotechnologie und manche lehnen es komplett ab.

Vielen sind noch diese ganz schlimmen YouTube Videos mit 8D Sound und ähnlichem im Hinterkopf, in denen die Instrumente wie in einem Jahrmarktzirkus um den Kopf schwirren. Als Effekt sicherlich beeindruckend, aber spätestens, wenn Musik als selbige genossen werden soll, soll vermutlich von den allermeisten der Zirkus Abstand nehmen.

Aktuell (2023) drücken die dominanten Streamingplattformen Spotify, Amazon und Apple Dolby Atmos in den Markt. Jeder soll Dolby Atmos produzieren und alle KonsumentInnen sollen Dolby Atmos oder ähnliches bekommen. Dahinter hängt eine riesige Industrie von Soundbars, Kopfhörern und eine Armada von Softwareherstellern. Und wenn so eine Industriewelle rollt, gelten keine vernünftigen Argumente mehr.

Meine ganz persönliche Meinung ist bei Musik aktuell, dass ich eine gute Stereo Produktion noch wesentlich stärker bevorzuge, als eine Dolby Atmos Produktion. Das hängt aber bestimmt von vielen Faktoren ab, z.B. wie ich mit Musik aufgewachsen bin und welche Erwartungen ich nicht nur dadurch an Musik habe.

Es gibt viele Argumente, wie „Du sitzt dann direkt mitten im Orchester/Band/Location oder die Instrumente können dann überall im Raum und Distanz sehr genau positioniert und bewegt werden. Die Bewegungen deines Kopfes können beim Hören mit in die Musik einbezogen werden“ und so weiter und so fort.

Wie gesagt, kann das sehr gut damit zusammenhängen, wie ich mit Musik sozialisiert wurde und welche Erwartungen ich damit verknüpfe. Und ich rede von klassischem Musikkonsum: Aktiv Populärmusik hören und tanzen.

Dolby Atmos Mixe empfinde ich immer als „kraftlos“ und „verhallt“. Beides keine Überraschung, denn zur räumlichen Positionierungen kommen sogenannte Reverbs (Hall) zum Einsatz. Diese sorgen immer für eine größere Distanz zu den Hörenden.

Ich persönlich glaube nicht, dass Dolby Atmos in Populärmusik mit der Positionierung mit Instrumenten glänzen wird. Ich glaube eher, dass Dolby Atmos dazu genutzt wird, um tatsächlich eine Atmosphäre zu schaffen, die die Musik noch mehr unterstützt. Was heißt das?

Zum Beispiel könnte ein Lied, dass nur aus Sängerin, Gitarre, Bass und Schlagzeug eine sehr dichte und intime Stimmung erzeugen will, das Knarzen der Bühnendielen, den Wind, der kalt durch die Gardinen streicht und den Raumsound (Rauschen) um die Musik herum platziert. Die Musik selbst bleibt selbst bei einem Stereo Mix, damit er den Erwartungen unserer Erfahrung am besten entsprechen kann. Also nicht die Instrumente, sondern die Gänsehaut werden meines Erachtens durch Dolby Atmos produziert.

Es mag dann durchaus neue Musikgenres oder Einsatzgebiete geben, die den wilden Flug oder die krasse Positionierung von Soundquellen erfordert, wie das zum Beispiel im Kino schon lange bekannt ist.

Wir werden sehen, was wir in Zukunft zu hören bekommen.